Das war das Fazit einer Diskussionsrunde des Kreisvortands der CDU Ortenau mit Dieter Blaeß, dem Leiter der Abteilung Landwirtschaft, ländlicher Raum, Veterinär-und Lebensmittelwesen im Regierungspräsidium Freiburg.
Dieter Blaeß begann sein Referat mit der Skizzierung der Rahmenbedingungen, nach denen sich die Politik und die in der Landwirtschaft tätigen Menschen auszurichten haben. Demnach nimmt die Nachfrage nach Nahrungsmitteln durch das Bevölkerungswachstum zu. Bis 2050 wird mit einem Anstieg der Bevölkerung auf rund 9 Mrd. Menschen (2007: ca. 6 Mrd. Menschen) gerechnet. Dabei steigt nicht nur der Mengenbedarf an Nahrungsmitteln, vielmehr steigt auch die Nachfrage nach hochwertigen Erzeugnissen aus der Land-und Forstwirtschaft sowie der Fischerei. In Deutschland ist jedoch die Bedeutung des Agrarsektors für die Bruttowertschöpfung im Zuge der Industrialisierung zunehmend zurückgegangen. Für das Jahr 2006 beläuft sich der prozentuale Anteil der Bruttowertschöpfung der Landwirtschaft in Deutschland auf nur noch 1,1 % (Baden-Württemberg: 0,8 %, EU-Durchschnitt: 1,8 %, Polen: 2,9 %, Litauen: 5,7 %, Griechenland: 6,4 %). Gleichzeitig ist auch der prozentuale Anteil der in der Landwirtschaft tätigen Personen zurückgegangen und beträgt aktuell noch 2,4 % (Baden-Württemberg: 1,9 %, EU-Durchschnitt: 4,9 %, Polen: 17,6 %, Litauen: 16,3 %, Griechenland: 12,6 %).
Baden-Württemberg und Bayern stellen zusammen rund 50 % der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland, wobei Dieter Blaeß zufolge in der Ortenau noch ca. 4.500 bis 5.000 landwirtschaftliche Betriebe (Haupterwerb-und Nebenerwerbsbetriebe) existieren. Hierbei ist allerdings davon auszugehen, dass die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Südbaden weiter sinken wird, da die Hofnachfolger fehlen. Auf der Basis der jährlich bestandenen landwirtschaftlichen Fachschulabschlüsse in Südbaden ergibt sich eine Nachfolgequote für die Haupterwerbsbetriebe von ca. 30 %, d. h. von 6.000 Haupterwerbsbetrieben haben etwa
1.800 einen Nachfolger. Unklar ist die Nachfolgesituation für die rund 14.000 Nebenerwerbsbetriebe in Südbaden. Im Hinblick auf die erzeugten Produkte hob Dieter Blaeß die starke Stellung des Ortenaukreis bei den Sonderkulturen (Obstanbau und Weinbau) und im südbadischen Vergleich auch bei der Schweinehaltung hervor. Enorme Strukturdefizite bestehen in Südbaden demgegenüber in den Bereichen der Milchproduktion, die nach Auffassung von Dieter Blaeß auch „nicht mehr aufzuholen sind.“ Die Gründe hierfür liegen vor allem in der Quotenregelung für die Milchproduktion, die zu einer stagnierenden Milcherzeugung führte. Hinzu kommt der Konzentrationsprozess bei den Molkereien. So gibt es für die Gesamtregion Südbaden nur noch eine einzige Molkerei. Weiterhin bestehen für die milchverarbeitenden Betriebe im Schwarzwald hohen Milcherfassungskosten, die bei einem anhaltenden Preisdruck durch den Lebensmitteleinzelhandel und die Discounter nicht gerade zu einer besseren Gewinnsituation sowohl der milchverarbeitenden Molkerei als auch der Milcherzeuger beiträgt.
In Bezug auf die Einkommenssituation bewegen sich die landwirtschaftlichen Betriebe in Baden-Württemberg im Vergleich zu den anderen Bundesländern zwischen Platz drei und Platz fünf. Generell ergibt sich für den Durchschnitt der landwirtschaftlichen Betriebe damit eine unzureichende Gewinnsituation. Für das Wirtschaftsjahr 2003/2004 lag der durchschnittliche Unternehmensgewinn eines landwirtschaftlichen Hauptewerbsbetriebes bei rund
30.000 Euro, wobei die Gewinne in Abhängigkeit der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und der unternehmerischen Qualifikation des Landwirts stark schwanken. Im langjährigen DurchWährend Anfang der 50er Jahre noch große schnitt liegen die Futterbaubetriebe mit einem Mittelwert von rund 24.000 Euro am unteren Ende der Einkommensentwicklung. Die Veredelungsbetriebe (Schweine-und Geflügelhaltung) hingegen erwirtschaften je Betrieb bei stark schwankenden Gewinnen einen Mittelwert von 36.447 Euro. Im Durchschnitt sind die Unternehmensgewinne je landwirtschaftlicher Betrieb aber viel zu niedrig, sodass nach Aussage von Dieter Blaeß eine vollständige Entlohnung der eingesetzten Produktionsfaktoren (Personen, Maschinen, Kapital) nicht gewährleistest ist. So verwundert es auch nicht, dass im Durschnitt kein Eigenkapital gebildet werden konnte.
Die besonders schlechte Einkommenssitutation bei den Futterbetreiben wirkt sich besonders nachteilig auf den Erhalt der Kulturlandschaft, insbesondere die Offenhaltung im Schwarzwald aus. Nimmt demnach die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe im Schwarzwald ab, sinkt damit auch die landwirtschaftlich genutzte Fläche. Die Aufnahme von Bad Peterstal macht dies besonders deutlich.
Teile der landwirtschaftlichen Flächen genutzt wurden, ist auf einer aktuellen Aufnahme deutlich die zunehmende Verwaldung zu erkennen. Damit sinkt die Lebensqualität der dort lebenden Bevölkerung. Gleichzeitig geht aber auch die Schwarzwaldlandschaft für den Tourismus verloren. Denn „es ist nicht attraktiv nur durch den Wald zu laufen“ äußert sich Dieter Blaeß. Der Schwarzwald als Erholungsraum wird mit einer Zunahme der Waldflächen an Bedeutung verlieren. Man sollte sich bewusst machen, dass mit dem Verbrauch regionaler Produkte auch automatisch Landschaftspflege betrieben wird, denn mit dem Verzehr von 150g Rindfleisch aus heimischer Mutterkuhhaltung wird beispielsweise jährlich eine Fläche von rund 10 m² Grünland gepflegt.
Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe in der Region zeigte Dieter Blaeß die folgenden politischen Handlungsfelder auf:
1. Förderung von Strukturmaßnahmen (Investitionsförderung, Flurneuordnung und Marktstrukturförderung);
2. Verbesserung der Rahmenbedingungen für die landwirtschaftlichen Betriebe, d. h. die Ausbildung und Weiterbildung für die in den landwirtschaftlichen Betrieben tätigen Personen verbessern und den dringend notwendigen Abbau der Überreglementierung durchführen;
3. die Stärkung des ländlichen Raumes zur Unterstützung des Strukturwandels. Darüber hinaus plädiert Dieter Blaeß auch für eine verstärkte Allgemeinbildung in den Schulen, die sich den Themen Erzeugung und Bereitstellung von Nahrungsmitteln stärker annehmen müssen. Schließlich wies Dieter Blaeß auch auf die Notwendigkeit für eine bessere und professionellere Vermarktung der Produkte aus der Region hin.
Letztlich, so Blaeß, „müssen wir aber auch das Fleisch essen, das auf den Schwarzwaldwiesen produziert wird“.
Dieter Blaeß, Abteilungsleiter im Regierungspräsidium Freiburg für den Bereich Landwirtschaft, Ländlicher Raum, Veterinär-und Lebensmittelwesen