Als Ehrengast begrüßte Kreisvorsitzender Volker Schebesta auf der Mitgliederversammlung der CDU Ortenau in Renchen-Erlach den ehemaligen Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg Erwin Teufel. Schebesta wies darauf hin, dass Teufel an der Erarbeitung des europäischen Verfassungsentwurfs maßgeblich mitgearbeitet habe. Auch war ihm als Ministerpräsident die Freundschaft über Grenzen hinweg, vor allem zu Frankreich, stets ein Herzensanliegen. „Damit ist Herr Teufel der ideale Redner zu dem Thema „Europa – Herkunft und Zukunft“. Er hat sich nämlich so intensiv mit der Europäischen Union beschäftigt, wie kaum ein anderer“, sagte der Kreisvorsitzende.
Zu Beginn seiner Rede blickte Erwin Teufel auf die Vergangenheit Europas zurück. Er hob hervor, dass zwischen dem Ende des Dreißigjährigen Krieges (1648) und dem Ende des Zweiten Weltkrieges (1945) insgesamt 48 Kriege in Europa gewütet hätten. Alleine im Zweiten Weltkrieg seien 50 Millionen Menschen getötet worden. Dabei handele es sich nicht alleine um eine statistische Zahl. „Das sind 50 Millionen Tode, persönliche Tode, gewaltsame Tode“, verdeutlichte Teufel die Grausamkeit, die sich hinter den genannten Zahlen verbarg. Die Europäische Union stelle vor diesem Hintergrund „für mich zu allererst eine Friedensgemeinschaft dar“, betonte der Redner. Sie habe nämlich einen 70 Jahre andauernden Frieden gebracht. Teufel sagte: „Das sind drei Generationen ohne Krieg! Das gab es noch nie in Europa!“
Nach dieser historischen und grundsätzlichen Einordnung der europäischen Einigung und damit auch der Europäischen Union ging Teufel auf die aktuelle Krise ein. Deren Ausgangspunkt sah er im Bruch bestehender Verträge. Damit habe Rot-Grün angefangen, als sie die Stabilitätskriterien zur Neu- und Gesamtverschuldung missachtet hätten. Aber auch die Vereinbarung, wonach kein Land für die Schulden anderer Länder haften müsse, sei gebrochen worden. Dies habe dem Vertrauen der Menschen in Europa geschadet und sei insgesamt falsch gewesen. „Keiner steht über dem Gesetz. Sie, ich und jeder in Europa muss sich an Verträge halten!“ Nun gelte es, das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen, indem die Regierungen das Recht wieder respektierten.
In der Folge ging Teufel auch auf die aktuelle Kritik an Europa dar. Unter anderem nahm er zur Osterweiterung Stellung. Die ehemaligen Ostblockländer hätten in kürzester Zeit erhebliche Fortschritte erzielt. „Hätte man ihnen ins Gesicht schlagen sollen?“ fragte Teufel. Angesichts der geschilderten Entwicklung hätte man sie nicht aus Europa ausschließen können. Kritik äußerte er der Kompetenzverteilung innerhalb Europas. Einerseits kümmere sich die Europäische Union um tausende Aufgaben, die von den Mitgliedsstaaten und deren kommunalen Gliederungen besser erledigt werden könnten. Andererseits werden Aufgaben, die nur auf europäischer Ebene erledigt werden können, wie eine gemeinsame Wirtschafts-, Außen- und Verteidigungspolitik, nicht an die EU übertragen.
Auch auf die antideutsche Stimmung in manchen Ländern der Europäischen Union ging der Redner ein. Er selbst habe nicht erwartet, dass es dazu kommen würde, dass etwa Bundeskanzlerin Angela Merkel mit einem Hakenkreuz abgebildet werde oder man Deutschland insgesamt ein Vormachtsstreben vorwerfen werde. Dies sei weder angemessen, noch gerecht. Es sei nämlich richtig, wenn man von den Ländern, die in eine Krise geraten sind, einen eigenen Beitrag fordere.
Trotz aller Krise und Probleme zeigte sich Erwin Teufel als überzeugter Europäer. Es sei richtig, dass die CDU die „Vereinigten Staaten von Europa“ angestrebt habe. Denn „27 Stimmen sind keine Stimmen“, so Teufel. Dies gelte insbesondere dann, wenn man einen immer geringeren Anteil an der Weltbevölkerung stelle. Dafür und für seine gesamte Rede erhielt der ehemalige Ministerpräsident viel Beifall von den anwesenden Mitgliedern der CDU Ortenau.
Im Anschluss trat der Landtagsabgeordnete Willi Stächele ans Mikrofon und beleuchtete in seinem Beitrag die internationale Zusammenarbeit am Oberrhein. Stächele wurde Ende 2012 zum Präsidenten des Oberrheinrates gewählt. Er ist damit Vorsitzender eines 1997 gegründeten, grenzüberschreitenden Gremiums, dem 71 gewählte Mandatsträgerinnen und Mandatsträger aus dem Elsass, Nord- und Südbaden, der Südpfalz sowie der Nordwestschweiz angehören. Primäre Aufgaben des Oberrheinrats sind die gegenseitige Information und die politische Absprache zu wichtigen, die Oberrheinregion betreffenden Fragen. Durch einen Hinweis auf die Zahlen, machte er den Anwesenden klar, welche Bedeutung die Region habe: „Sechs Millionen Einwohner, 210 Milliarden Bruttoszialprodukt, 160 Hochschulen und Universitäten und 170 000 Studierende.“ Die Gründung des Oberrheinrates für sei „ein Quantensprung in der Entwicklung des Oberrheins“ gewesen, sagte dessen Präsident vor dem Hintergrund der geschilderten Fakten.
Neben der inhaltlichen Beschäftigung mit Europa und der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit schufen die Mitglieder durch die Wahl der Vertreter für die Versammlung zur Aufstellung der Listen für die Europawahl auch die formalen Voraussetzung für die im nächsten Jahr stattfindenden Europawahl.